GCES Kongress diskutiert Zukunft der Kreativbranche

2. German Creative Economy Summit auf Kampnagel
Der German Creative Economy Summit GCES ist der größte Branchentreff für die Kreativwirtschaft in Deutschland. Neben Kunst und Musik gehören auch die Bereiche Schauspiel, Film, Werbung, Architektur sowie Presse und Rundfunk zur Branche.. Zwei Tage hatten die Besucher Zeit, Vorträge und Diskussionen zu den relevanten Branchenthemen anzusehen und Networking zu betreiben. Im Vordergrund standen zukunftsrelevante Themen. Zu den Schwerpunktthemen gehörten, wie KI die Kreativwirtschaft verändert und welche Bedeutung Kunst und Kultur für den Erhalt der Demokratie einnehmen können. Zudem wurden Möglichkeiten diskutiert, die vor allem freiberuflich tätigen Kreativen zu unterstützen.
Die Situation von Freiberuflern
Immer noch scheint das Vorurteil zu bestehen, Kreative leben von Luft und Liebe und arbeiten hauptsächlich zum Spaß. Während die Tariflöhne und auch die Löhne von Angestellten in den vergangenen Jahren – und gerade in Zeiten der Inflation – regelmäßig gestiegen sind, hat sich das nicht auf die Entgelte der Freiberufler ausgewirkt. Das scheint auch Ver.di nicht zu kümmern, die eigentlich einen Bereich für Freiberufler anbieten. Kreative müssen ihre Leistungen entweder selbst vermarkten und ihre Löhne verhandeln oder sich in die Hände von Unternehmen begeben, die daraus eine eigene Wertschöpfung generieren.
Streaming 2.0 als Zukunftsvision?
Bei der Selbstvermarktung stehen dann Plattformen zur Verfügung, deren Verteilungsschlüssel in der Regel nicht geeignet ist, das Leben und den Ruhestand der Künstler zu sichern. Das gilt gerade für Kreative, die nicht dem Mainstream folgen. Das führt dazu, dass viele Freiberufler ihre künstlerische Tätigkeit als „Nebenjob“ ausüben. Gerade in Zeiten von Corona ist die Branche von der verkündeten Bazooka weitgehend ausgeschlossen. Die Branche hat sich trotzdem inzwischen erholt und die Umsätze sind wieder auf Vor-Corona-Niveau gestiegen. Das sagt eigentlich nur etwas darüber aus, wie widerstandsfähig die Branche gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen ist. So gibt es Ansätze, über eine Sozialsteuer für Kreative nachzudenken. Das allein sagt ja schon etwas über die Attraktivität aus, als Kreativer in der Branche zu landen. Die Work-Life-Balance ist meist überschaubar. Auch die Entwicklung neuer Abo-Modelle von Streaming 2.0, – naja, mal schauen – soll Abhilfe schaffen. Spotify, will direktes Ticketing auf der Plattform anbieten, wovon auch nur die Majors profitieren.
Umsätze bei Agenturen stagnieren, Rückgang bei Printmedien
Durch Fiverr & Co stagnieren auch die Umsätze bei den Agenturen. Ein Logo kann man ja mal eben mit KI oder über die Veränderung einer Vorlage bauen. Viele Firmen schicken ihre Mitarbeiter in eine Zwei-Tages-Schulung, um die Kosten für die Agentur einzusparen. Die Umsätze im bei den Printmedien, vor allem was Annoncen angeht, gehen zurück. So haben die Printmedien im vergangenen Jahr einen Rückgang von 3,5 Prozent zu verzeichnen. Dafür stieg der Etat für Suchmaschinenmarketing um 8 Prozent. Die Möglichkeiten, die Werbung effizient zu gestalten und gezielt an relevante Nutzer auszugeben, sind gigantisch. Targeting ist das Zauberwort im Pull-Marketing.
KI als Kreativitätsmaschine
Nachdem die Industrie über Jahrzehnte den Wohlstand des Landes scherte, können in Zukunft StartUps aus der Digitalbranche ein wichtiger Motor für die Wirtschaft werden. Dabei kann dann auch Künstliche Intelligenz ein Faktor sein. Nachdem Roboter bisher eher für den Einsatz monotoner Tätigkeiten gedacht waren, gibt es zunehmend die Tendenz, KI auch für kreative Massentätigkeiten – quasi als Kreativitätsmaschine – einzusetzen. Die Modelle werden mit den Daten realer Künstler trainiert, die bei der Wertschöpfung leer ausgehen. Gerade hat das 1766 gegründete Auktionshaus Christie’s erfolgreich die erste Auktion mit KI-Kunst gestartet. Wer aber darauf setzt, dass die KI in Zukunft Kreativität ersetzt, ist im Irrtum. Wenn die KI nur noch an aus KI generierten „Kunstwerken“ trainiert wird, sinkt die Qualität mit jeder Generation der Ausgabe massiv. Für die besonders gebeutelte Branche von Fotografen wurde bereits ein Maschinenlesbares Opt-Out gegen KI-Training entwickelt. Damit können Fotografen ausschließen, dass ihre Bilder für das Training von KI verwendet werden.
KI und Daten
KI ist sehr gut darin, Daten zu verarbeiten. Für gute Ergebnisse benötigen die Maschinen eine große Menge an Daten. Mittels neuronaler Netze können die Daten auch so verarbeitet werden, dass sozusagen eigene Endprodukte entstehen, deren Quellen nicht mehr erkennbar sind. Moderne KI Modelle gehen weit über Datenbankabfragen hinaus. Laut Wikipedia ist Kreativität wie folgt definiert: „Kreativität ist die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist.“ Sicherlich wachen Künstler nicht täglich „von der Muse geküsst“ auf und erschaffen am Fließband neue Kunstwerke. Auch sie beschäftigen sich mit bisher erschaffenen Kunstwerken und nutzen die Kenntnisse der Geschichte. Dennoch verbinden Kreative häufig ihre Arbeit stark mit der eigenen Entwicklung. KI-Künstler setzen das mit der Eingabe der richtigen Prompts – der Beschreibung des erstellten Werkes – gleich. Bleibt die Frage. Wer ist der Kreative. Die Maschine oder die Person, die sie bedient.
Soziale Medien und Demokratie
Die Massenproduktion von Fake News in Sozialen Medien geht auf solche Technologien zurück. Sie werden im Wesentlichen auch produziert, um den Wettbewerb zu steuern, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu zerstören. So steckte Russland zuletzt rund 1,6 Milliarden Dollar in Desinformationskampagnen. Allein für die Wahl in Rumänien wurden 85000 russische Fake Accounts erstellt. Trump Kampagnen erhielten 250 Millionen Views. Viele Menschen informieren sich über Soziale Medien und treffen in Teilen so unter Umständen ihre Wahlentscheidung. Durch die Algorithmen erhalten sie in Echokammern zunehmend Posts, die ihre Meinung unterstützen. Der Verleger und Herausgeber Matthias Ditzen-Planke hat im Diskurs gegen die Berichterstattung zu den der Bauernprotesten festgestellt, dass bei vielen Beteiligten das Textverständnis fehlte. Beispielsweise wurde ein Zitat als Meinung des Mediums ausgelegt.
Kreativbranche und Demokratie
Nachdem die Branche in Zeiten von Corona als nicht systemrelevant eingestuft wurde, sieht man inzwischen, dass Kunst und Kultur auch ein wichtiger Baustein für den Zusammenhalt der Gesellschaft sein kann. Die Kreativwirtschaft sieht es als ihre Aufgabe an, die Demokratie zu schützen. Die Bildung der Medienkompetenz und Aufklärung bieten eine Chance. Für die Schaffung von Räumen, die u Diskussionen einladen sieht sich die Architekturbranche in der Pflicht. Mit Beteiligungsverfahren für Bauprojekte und Stadtwerkstätten werden die betroffenen Gruppen einbezogen und die Akzeptanz der Projekte wächst. Zudem geht es darum, lebenswerte Räume zu schaffen, in denen unterschiedliche Menschen ins Gespräch kommen.
Foto: © Beate Eckert-Kraft – www.imajix.de