Zum Abschluss von Filmfest Hamburg 2017: „The Square“
Wenn Kunst auf Wirklichkeit trifft
Mit dem umjubelten Abschlussfilm „The Square“ des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund ging am letzten Freitag das diesjährige Filmfest Hamburg zu Ende. Dass der Abschluss-Freitag ausgerechnet der 13. Oktober war, erwies sich zum Glück nicht als schlechtes Omen. Regisseur Östlund, der schon mit seinem vorhergehenden Film „Höhere Gewalt“ (2014) das moderne Männlichkeitsbild hintersinnig in Frage gestellt hatte, legt mit „The Square“ ein nachhaltiges Drama nach – im Gewand einer Satire: Der moderne Mustermann heißt diesmal Christian (Claes Bang) und ist Direktor eines repräsentativen Museums für zeitgenössische Kunst in Stockholm.
Sein neues Art-Projekt ist das in den Fußboden eingelassene Quadrat („The Square“) einer südamerikanischen Künstlerin, in dessen Mitte sich jeder Mensch unabhängig von Herkunft und sozialer Stellung wahrgenommen und sicher fühlen soll. So sicher wie Christian. Selbstbewusst beherrscht er Rhetorik und Auftreten eines smarten Kulturfunktionärs, nichts scheint diese Festigkeit erschüttern zu können. Aber das geht dann wider Erwarten doch ganz schnell: Mitten auf der belebten Straße wird Christian in einen scheinbaren Beziehungsstreit hineingezogen, den er vermeintlich siegreich managt. Doch der Stolz über sein Verhalten währt nicht lange. Schnell wird klar, dass der lautstarke Streit nur eine clevere Inszenierung war – mit dem Ergebnis, dass Christians Handy und seine Brieftasche weg sind. Während des Trubels aus seiner Tasche geklaut! Wem kann man noch vertrauen? Für Christian ist dieses Täuschungsmanöver der Auftakt zu einer ganzen Kette von Fehlleistungen und falschen Entscheidungen. Wenn Kunst auf Wirklichkeit trifft, nimmt das Drama seinen Lauf. Und als Christian dann auch noch bei einem One-Night-Stand mit einer amerikanischen Journalistin (Elisabeth Moss) und danach bei einer aus dem Ruder laufenden Konzeptkunst-Vorführung mit animalisch-männlichem Instinktverhalten konfrontiert wird, gerät seine professionelle Souveränität mächtig ins Schleudern. Sowohl beruflich wie auch privat droht der Super-GAU.
Mit „The Square“ präsentierten Festspielleiter Albert Wiederspiel, Regisseur Ruben Östlund und seine Darsteller Claes Bang und Annica Liljeblad den diesjährigen Gewinnerfilm der Goldenen Palme bei den Filmfestspielen in Cannes in Hamburg als Deutschlandpremiere. Deutschlandweit startet der Film bereits am kommenden Donnerstag, den 19. Oktober in den Kinos. Hingehen! Es lohnt sich! Michael Eckert
Beitragsbild: ©Alamode