Kleiner Grasbrook – Umschlagplatz für Olympia?
Donnernde Lastwagenkolonnen, Güterverkehr, abgesperrte Firmengelände – derzeit ist der Kleine Grasbrook Umschlagplatz für Waren aus aller Welt. Das Gelände zwischen Moldau- und Hansahafen ist mit rund 1250 Einwohnern bisher wenig besiedelt. Alte Lagerhallen zeugen noch von der bewegten Geschichte des 4,5 Quadratmeter großen Areals, das ab Mitte des 19. Jahrhunderts zum Hafenerweiterungsgebiet wurde. Wird der Kleine Grasbrook nun zum Umschlagplatz für Olympia?
Bis Sonntag entscheiden die Hamburger im Rahmen eines Referendums über die Zukunft der Fläche, die im Jahr 2024 als OlympiaCity zum Sandort der Olympischen und Paralympischen Spiele werden soll. Die ehemalige Binneninsel entstand durch den Bau eines künstlichen Grabens, der das von den Stadtteilen Stenwerder, Veddel und Wilhelmsburg umgebene Viertel vom Großen Grasbrook abtrennte. Der Große Grasbrook ist heute Bestandteil der HafenCity. In der Phase der Hafenerweiterung wurden hier zahlreiche Kaianlagen und Lagerhäuser gebaut. Während des 2. Weltkrieges wurde ein großer Teil dieser Anlagen zerstört und liegt teilweise noch heute brach. Die Zufahrt erfolgt über die Straße Am Moldauhafen, die – entlang von Schienen für den Güterverkehr eine Verbindung zur Köhlbrandbrücke und zur Autobahn ist.
Der Plan, das Areal neu zu nutzen, besteht seit langer Zeit. Nun soll hier das Olympische Dorf entstehen. Der vorgelegte Masterplan endet aber nicht bei der Gestaltung von Sportstätten, die nach den Spielen nutzlos brach liegen, er bezieht den Rückbau der Stadien und die Entwicklung des Viertels zu einem urbanen Quartier mit komfortabler Verkehrsanbindung ein.
Dabei sollen die Sportstätten auf dem südlichen Teil der Insel liegen, was sie Sicherung des Olympischen Dorfes erleichtert, da es nicht von allen Seiten zugänglich ist. Die Erreichbarkeit soll teilweise durch temporäre, aber auch durch dauerhaft angelegte Straßen, Wege und Brücken aber auch durch eine Bahnanbindung verbessert werden. Das hierfür vorgelegte Mobilitätskonzept beschreibt Anforderungen und langfristig wirksame, nachhaltige Lösungen. Mit den „Spielen der kurzen Wege“ soll sich das Zuschaueraufkommen auf einen Radius von 10 Kilometern um das olympische Zentrum konzentrieren.
Der neue Stadtteil soll zum Vorbild für klimafreundliche und verkehrsarme Mobilität werden. Das klimafreundliche Komzept wird zum Alleinstellungsmerkmal gegenüber den hochkarätigen Mitberwerbern Paris, Rom, Los Angeles und Budapest. Nachhaltigkeit in ökologischer und städtteplanerischer Sicht ist das Zauberwort, mit dem Hamburg punkten möchte – einmal im Hinblick auf die Akzeptanz der Bewohner, zum Anderen im Hinblick auf die Vorgaben des Internationalen Komitees.
Ziel der Mobilitätsplanung für die Spiele der kurzen Wege im Herzen der Stadt und am Wasser: Alle sollen sicher und barrierefrei ans Ziel kommen – umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Busse, Bahnen, Rad- und Fußgängerverkehr haben Vorrang – ein ehrgeiziges Ziel in Anbetracht des zu erwartenden Zuschaueraufkommens, das für die Dauer der Spiele auf 4 Millionen ausgelegt ist.
Die vorgelegten Besucherzahlen wurden für den Fernverkehr und den Binnenverkehr erhoben. 60 Prozent werden aus dem norddeutschen Raum erwartet, 30 Prozent aus anderen Teilen Deutschlands und 10 Prozent aus dem Ausland. Täglich sind bis zu 600.000 Zuschauer unterwegs zu den Olympischen Sportstätten in Hamburg und im Umland. Allein die drei Sportstättenschwerpunkte OlympiaCity, Volkspark und Messe/CCH/Millerntor werden täglich von 300.000 bis 400.000 Zuschauern besucht. Für viele stau- und baustellengeplagte Hamburger ist es kaum vorstellbar, wie das alles zu bewältigen ist. Daher finden Sie hier die Kurzfassung des Mobilitätskonzeptes.
Natürlich ist auch die Finanzierung ein wichtiges Thema in Zeiten, in denen es an vielen Stellen auf dieser Erde brennt. Der vorgelegte Finanzreport schließt Rückbaumaßnahmen und erwartete Preissteigerungen mit ein und ist im Internet frei verfügbar.
Im Rahmen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages in Hamburg bekräftigte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz die Rolle der Bewerbung für die nachhaltige Entwicklung der Standorte und gab ein Versprechen ab: „Olympia ist eine Investition in die Zukunft. Das HWWI hat die Potentiale für die Wirtschaft untersucht. Die Studie zeigt, dass Olympische und Paralympische Spiele gut dazu geeignet sind, Entscheidungen für Standorte positiv zu beeinflussen. Gerade die Städte, die nicht Hauptstadt eines Landes sind, profitieren im internationalen Vergleich am meisten. Die Hamburger Wirtschaft unterstützt die Bewerbung und gemeinsam werden wir dafür sorgen, die Nutzung der Flächen im Hafen so zu gestalten, dass alle Seiten profitieren können.“
Wir berichten am Sonntag ab 18 Uhr über das Referendum in einem Live-Ticker aus dem Rathaus.
Die Rechte der Visualisierungen und Pläne gehören „KCAP, Arup, Vogt, Kunst + Herbert |GMP, WES, Drees & Sommer“.